Das Offensichtliche verstecken
Es ist viel passiert und das nicht nur in Politik und Gesellschaft, sondern auch privat.
Für mich sind bestimmte Dinge sehr privat, die andere stark nach außen tragen. Ein Beispiel ist geplanter Nachwuchs und alles, was dazu gehört. Kolleginnen und Bekannte sprechen über diese sehr private Angelegenheit derart inflationär mit jedem, der nicht bei drei auf den Bäumen ist, als gäbe es keine Intimität in oder Respekt vor der Beziehung zu seinem Partner. Ich versuchte mich immer von diesen Gesprächen zu distanzieren und wenn eine aufgeregte werdende Mutter ins Plappern kam, dann zeigte ich mit meinem äußerst desinteressierten Gesichtsausdruck deutlich, dass ich nichts davon hören oder wissen will. Manche Frauen scheint das nicht zu stören, denn ihrer Meinung nach, dreht sich die Welt ab jetzt und sowieso nur um sie, ihren werdenden Nachwuchs und ihre besondere Stellung in der Gesellschaft.
Nun stand bei mir auch Nachwuchs an und wie gesagt, ich halte den Ball und Bauch so flach wie möglich. Ich quatsche keine Leute voll und eigntlich will ich auch nicht vollgequatscht werden. Aber sobald man dieses eindeutige Zeichen nicht mehr verstecken kann, kommen die Mütter und Väter aus ihren Löchern gekrochen und aus einem mir nicht ersichtlichen Grund denken sie, sie müssten dir ihre Geschichte mit ihren Kindern erzählen. Dabei spielt es keine Rolle, ob ich jemals vorher Interesse an Kindern oder auch an den Eltern gezeigt hätte, was ich nie tat! Irgendwie verändert sich die chemische Zusammenstellung ihres Menschenverstandes und sie platzen in mein Büro, setzen sich hin, als ob ich sie eingeladen hätte und plaudern über alle Details ihres Lebens mit Kindern. Sie lassen kein Problem, kein Gefühl, kein Detail aus. Sie plappern los, als wäre ich ein Blog, in den man jeden Scheiß reinschreiben kann, hauptsache, es ist weg!
Da sitze ich nun. Rede selbst nicht, starre diese völlig überdrehten Menschen in meinem Büro an, die nicht merken, dass ich nichts von dem hören oder wissen will, was sie mir da erzählen und hoffe darauf, dass ein dringender Anruf diese Situation rettet und ich diesen ungebetenen Gast rausschmeißen kann. Diese Überfälle in meinem Büro sind ja nur das i-Tüpfelchen der ganzen Situation. Im Flur ruft man mir "Herzlichen Glückwunsch" zu. Die Menschen denken nicht nach! Wenn ich gewollt hätte, dass alle wüßten, was mein Mann und ich in unserer Beziehung wünschen oder wollen oder planen, dann wäre ich wie alle anderen Muttis durch jedes Büro gerannt, hätte allen von Familienplanung und dem unbändigen Wunsch nach einem Baby erzählt, aber Fakt ist: Das habe ich nie getan und tue es auch jetzt nicht. Daher ist es mir völlig unverständlich, dass mir fast fremde Menschen ohne Reflektion auf mein Verhalten unterstellen, dass ich Glückwünsche bräuchte. Wofür Glückwünsche??? Dass ich in meiner Ehe Sex habe? Ehrlich jetzt? Huiii, die Mutter möchte ich gerne mal sehen, die ihrem Teenagerkind Glückwünsche ausrichtet, wenn es Sex hat und dann auch noch schwanger wird! Nennt mich abgedroschen oder vielleicht ignorant, aber jemandem zu beglückwünschen, weil er oder sie dick wird? Es ist keine große Leistung schwanger zu werden. Ganz viele Menschen weltweit werden ständig schwanger.
Mir sind diese Euphorie und dieses aufgezwungene Gruppengefühl völlig zuwider. Und jedes Mal, wenn ich in einem netten Kleid mit hohen Schuhen zur Arbeit gehe, Kommentare über mich ergehen lassen muss, wie "Jetzt sieht man deinen Bauch aber schon ganz gut" und "...bei mir sah man den ja sofort und blablabla....", die einzigen Fragen, die ich beantworten muss "Wie geht es dir? Wie fühlst du dich?" beinhalten, anstatt fachlich und berufliche Fragen zu stellen, beim Sport mir ein extra Fokus geschenkt wird, damit ich ja nicht zu viel mache, denke ich mir, dass man als qualifizierte und leistungsstarke Person völlig ignoriert wird, in eine Ecke zum Ausruhen gesetzt wird und sich vielleicht all die Arbeit und Energie, die man in Bildung und in seinen Job gesteckt hat, nun auf "Oh ein Baby" reduziert werden. Versteht mich nicht falsch: Ich freue mich sehr auf die Zeit mit meiner Familie, aber das ist meine private Zeit. In der beruflichen Zeit agiere und thematisiere ich meine privaten Angelegenheiten nicht. Und daher empfinde ich es als äußerst störend, wenn ein Bauch plötzlich dazu führt, dass sich mein berufliches Umfeld in mein Privatleben drängen will und meinen beruflichen Status verdrängt.
Diese Phase muss ich noch durchstehen und dann ändert sich sowieso alles.
Bis dahin drängt euch nicht in die Gelegenheiten anderer Menschen und respektiert Distanz.
Und FROHE OSTERN!
krisenkind am 13. April 17
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