Freitag, 28. Februar 2014
Vakuum wegen Überfüllung geschlossen
Nach langer Abwesenheit melde ich mich mit einem Kommentar zu Afghanistans Vergangenheit, Zukunft, Gegenwart und Konflikt zurück. Nicht, weil es aktuell eine letzte Verlängerung der Präsenz der Bundeswehrsoldaten in diesem schönen Land gibt, sondern weil dieses Land und die Menschen dort verdienen, dass man sie nicht als Terroristen oder friedensunfähige Menschen bezeichnet. Denn wir können uns nicht vorstellen, wie es ist, wenn man um das kleinere Übel kämpfen muss,was nicht bedeutet, dass dieses kleinere Übel kein übles Übel ist. Gibt es ein treffenderes Wort als „katastrophal“, das die Grausamkeit, die Unvorstellbarkeit und das völlig sinnlose und von verzerrten Ideologien getriebene Morden beschreibt? Mir fällt gerade kein Wort ein, dass das alles erfasst. Zum Glück! Denn wenn es dafür schon ein Wort gäbe, wäre auch dies schon wieder kommerziell und man hätte es während des Sonntagsfrühstücks schon ausgesprochen ohne die inhaltliche Bedeutung zu überdenken. Ja, natürlich nennt man das willkürliche Morden an Zivilisten Völkermord oder Kriegsverbrechen, auch Verbrechen gegen die Menschlichkeit wird das eine oder andere mal ein Massaker genannt, jedoch nur dann, wenn es der Internationalen Gemeinschaft gerade so in die politische Position passt. Katastrophal ist jedes dieser Völkerrechtsverbrechen.
Nun befinden wir uns in einer Gesellschaft, die sich gegen Alexander dem Großen, Dschingis Khan und allen Kriegsfürsten, Predigern, Heeren aus dem persischen Reich, dem turkstämmigen Nomadenreich und sich gegen Mächte wie das Russische Reich und Britisch-Indien verteidigen musste. Immer wieder wurde der Staat, der mitten zwischen Zentralasien und Südasien liegt, durchquert, verwüstet, geplündert, bedroht, eingenommen, verteidigt, bekämpft. Der Islam kam im Jahr 654 nach Afghanistan und lehrte Toleranz und Gleichheit, so dass Religionen, Ethnien und Kultur in Herat und Kandahar friedlich nebeneinander und miteinander leben und sich entwickeln konnten. Herat galt lange Zeit als die Weltstadt für Kultur und Kunst. Und dieser Reichtum an Vielfalt wurde regelmäßig zerstört. Entstand ein Machtvakuum, kämpften die Stämme und Clans gegeneinander um die Macht über Kabul, Kandahar und Herat zu erlangen und sich damit eine gesicherte Führungsposition zu sichern.
Doch wie heftig sich auch die unterschiedlichen Gruppierungen bekämpften, sie schlossen sich zusammen, sobald ein Feind von außen Afghanistan bedrohte. Das spürten die Briten im 18. Jahrhundert und die Russen in den 10 Jahren ihrer Besetzung. Der Kampf gegen die Russen in Afghanistan mit den Mitteln der USA und anderen Staaten führte zur Hoffnung, dass die Mudschaheddin eine relative Sicherheit und Frieden in Afghanistan etablieren könnten. Doch nach dem Abzug der Russen entstand wieder ein Machtvakuum. Dieses wurde mit Kämpfen, mit gegenseitigem Abschlachten und willkürlichem, brutalem Durchgreifen in der Zivilbevölkerung gefüllt. Wer wollte, konnte sich einer Fehde anschließen und gegen den einen oder anderen um die Machtgewinnung kämpfen. Das Land der Vielfalt und das sich gerade erst die Freiheit von Besetzern erkämpft hatte, rutschte in ein Chaos und zerstörte sich durch einen Bürgerkrieg selbst.
In diesem Krieg und der Zerstörung von Werten und Idealen versuchte eine Gruppe von Islamlehrenden die religiösen Werte wieder in die Bevölkerung zu bringen und nannten sich Taliban. Die Struktur und die Ideologie der Taliban verändert sich jedoch rapide mit der Anzahl der Siege über die Milizen und Gruppierungen, die Handelswege willkürlich mit Abgaben belegten, Dörfer plünderten und die Bevölkerung terrorisierten. So herrschte eine Art Lethargie und Erschöpfung in der Bevölkerung vor, die in den von Entwicklungsorganisationen für Fußballspiele erbauten Stadien Hinrichtungen und Bestrafungen anschauen mussten.
Nun wissen wir, was seit 2001 in Afghanistan passierte und dass 2014 Soldaten und Sicherheitskräfte aus dem Land der Unterschiede langsam abziehen. Die Vergangenheit zeigt, dass Machtvakuum in Afghanistan bisher keinen Frieden gesichert hat und dass Regierende in Kabul bisher nicht die ersehnte Stimme der Hoffnung für einen starken Staat mit gesicherten Strukturen für Frieden und Schutz für die zivile Bevölkerung darstellten. Ebenfalls sind die finanziellen Anreize für Viele sehr hoch die Seiten zu wechseln. Zudem wird nicht von denen umgebracht, die man als Staatsbediensteter bekämpfen soll und insgesamt scheinen das gute Anreize gegen eine Position als staatliche Sicherheitskraft zu sein.
Ich wünsche den traumatisierten Kindern, den starken Frauen und den mutigen Männern, die in Frieden und Freiheit leben möchten, die allgemeine Schulbildung schätzen und ohne Gewalt und Zwang ihren Glauben leben möchten, die Kultur, egal ob westlich, asiatisch, arabisch oder auch ihre afghanische Kultur ohne Einschränkungen entdecken und erleben wollen, dass sich ihre Nachbarn und Brüder für Gemeinsamkeit und Toleranz entscheiden und so dass das mächtige Potential der Afghanen in Sicherheit und mit dem Lächeln und dem Vertrauen der Kindern wieder aufleben lassen.
Hoffen wir auf das Beste!



Montag, 9. Dezember 2013
Das Ende der Belanglosigkeit
Hört man im Radio Nachrichtensendungen, liest man die Zeitung und informiert man sich über unterschiedliche, seriöse Quellen über Geschehnisse in der Welt, wird man unweigerlich darauf stoßen, dass die alltäglichen Probleme, über die man sich aufzuregen gönnt, völlig belanglos sind.
So leben wir warm in einer Unterkunft, die uns vor Wettereinbrüchen schützt, sind in ein soziales Netz eingebunden, dass uns Stabilität in der Versorgung verspricht. Wir können lange debattieren, ob unser Sozialsystem gut oder unangemessen ist, das spielt in dem Sinne keine Rolle, denn trotz Ungerechtigkeit muss niemand faktisch auf der Straße leben oder hungern. Wenn man ausnahmsweise illegale Zuwanderer und nicht deutsche Staatsbürger ohne Sozialleistungsberechtigung nicht betrachtet, haben wir es sehr gut in unserem Leben. Wir sind in diese Verhältnisse, egal welches soziale Milieu wir betrachten, hineingeboren worden, ohne dass wir etwas dafür tun mussten. Schulbildung und einen demokratischen, reichen Staat haben wir uns nicht erarbeitet, sondern einfach durch Zufall und Glück erhalten. Im Vergleich dazu werden Kinder ebenfalls ohne ihr Zutun in eine Welt voller Hunger, Gewalt, Ungerechtigkeit und Willkür geboren, ihre Chancen sind durch übertragbare Krankheiten und nicht endende Gewalt und Armut geringer menschenwürdig zu leben, als wir es uns hier jemals vorstellen könnten.
Diese Kinder werden als Akteure in Konflikten geboren, als Menschen eines Volkes, das keine Zukunft sieht. Während wir in unserer eigenen kleinen Welt Kindern Chancen zum Spielen, zur Selbstverwirklichung und zur Entwicklung geben, sie größtenteils verwöhnen und teilweise selbst nicht wissen, wohin in unserem Reichtum wir uns noch orientieren sollen, sieht die Lebenswelt einige tausend Kilometer weiter völlig anders aus.

Leben hat in dem Sinn der Kinder und Menschen der uns unbekannten Länder einen sehr hohen Wert. Während wir in Depressionen stürzen, weil wir Schulden haben und keinen Räucherlachs kaufen können, umfasst das Essentielle in der Armut eigentlich nur den Hunger zu stillen und weiter zu leben.

Schuldig sind wir nicht. Sind die anderen selbst Schuld? Wie könnten sie schuldig an dem Desaster Ihres Landes sein? Wie können wir schuldig an unserer reichen Umgebung sein? Was uns verbindet ist, dass wir alle gleich geboren werden, ohne Anspruch oder einer Idee, in welche Verhältnisse wir geboren werden.
Vielleicht liegt es jedoch an uns zu handeln, wir, die im Überfluss leben, Lebensmittel und Waren wegschmeißen, die andere sättigen könnten, die nicht darüber nachdenken ehrenamtlich aktiv zu sein, da uns Armut nicht betrifft und es eventuell unsere Lebensart in Frage stellen könnte und damit uns in unserer Gleichgültigkeit und in unserem Hochmut bedroht?

Es ist nicht schwer, zu helfen und etwas für die anderen zu geben. Was brauchen wir denn eigentlich? Ein Iphone? Brauchen wir einen überdimensionalen Fernseher? Sehen wir dann die Armut besser, schärfer, schneller? Nein, das tun wir nicht. Wir wissen, dass die Armen dieser Welt unsere Kleidung unser unmenschlichen Bedingungen schneidern, knüpfen, unsere Elektronik zusammenbasteln und wir unterstützen es. Denn wir wollen nicht mehr bezahlen, wir wollen das Produkt und nicht die Produktion im Wohnzimmer oder an uns spüren.

Wie viel Geld haben wir am Ende des Monats übrig? Und was haben wir während des Monats alles gekauft? Ich rede vom Kaufen, nicht vom Shoppen, denn Shopping enthält im Wortsinn die Überflüssigkeit des Kaufens. Es ist ein Luxuskonsum. Wie viel gibt man für die Obdachlosen, die an der Straße sitzen? Einen Euro? Vielleicht? Und den Hund? Gar nichts? Warum sitzen sie denn auch auf der Straße? Sind das illegale Schmarotzer, die da auf der Straße sitzen? Vielleicht sind es einfach nur vom Leben gebeutelte, arme Menschen, die um ihre Würde betrogen, vom Staat ignoriert, sogar abgelehnt werden und nun versuchen aus ihrer Misere durch Betteln heraus zukommen? Können und dürfen wir das beurteilen? Dürfen wir urteilen, wir die, die Kinderhände unsere Labels auf die Klamotten nähen lassen?
Vielleicht sollten wir Reichen, wir Dummen, keine Urteile bilden, weil wir, gerade unsere Generation keine Ahnung von Armut hat. Ich rede von Armut, nicht unsere deutsche Armut. Ich rede von Menschen am Rande des Todes, welche schlichtweg sterben, wenn sie nichts zu essen erhaschen, wenn der Krieg weiter andauert, wenn sie verkauft werden.
Ich verharmlose nicht unsere Armut im Land. Es ist eine Schande und nicht zu entschuldigen, wenn in einem reichen Land wie Deutschland, Kinder hungrig in die Schule gehen müssen. Vielleicht kann ich Einige von euch animieren, sich aktiv gegen Armut zu engagieren. Gebt nicht nur Geld, sondern gebt eure Arbeitskraft und euer Interesse.

Alles Gute und macht es besser.



Mittwoch, 20. November 2013
heißkaltes Brodeln
Heißkaltes Brodeln

Moin aus dem eisigen Norden. Heute morgen hörte ich Menschen an ihren Autos kratzen, als ob sie Zombies seien, die in die Autos wollten, um dort irgendwas ziemlich zombiemäßiges zu tun. Es war ein erfrischender Anblick nach so einem tollen, langen Sommer. Und im selben Moment dachte ich mir: „Verdammt, das steht mir auch noch bevor. Ob ich mich gleich wie ein Zombie aus dem Haus bewege, damit ich mich der Masse anpasse?“ Ich habe erst mal beschlossen, die Fenster zu schließen, die Heizung aufzudrehen und meine warmen Klamotten zu suchen.

Und wie es nun mal so ist, wenn man arbeitet, kommen unverhofft aber oft Emails, die inhaltlich mit mehr oder weniger angenehmen Inhalten gefüllt sind. Die einen sind neutral und sachlich zu beantworten, die anderen führen zu erhöhtem Blutdruck und wieder andere lassen uns einen „Och nöööö“-Seufzer entweichen.
Es gibt jedoch auch die, die uns subjektiv angreifen. Sie provozieren uns. Woran liegt es? An dem Vornamen des Absenders, den man mit einer garstigen Person verbindet? Ob der Satzbau eventuell für unseren Geschmack unverschämt ist oder schlimmer noch, die Wortkombination nehmen wir persönlich. Es sind keine anderen Worte, als die, die wir gestern gelesen und sogar geschrieben haben, aber heute, neee heute ist das aber eine unglaubliche Frechheit! Man bedenke, dass die Inhalte dieser Emails meistens mit wertneutralen Inhalten bestückt sind. Dennoch ist diese eine Email ja wohl eine Frechheit!

Und dann geht der Tag erst richtig los. Denn dann kommt eine völlig uninteressante Person an uns vorbei und sagt Dinge wie „Mach mal den Raum zu“ und man dreht sich um und brüllt „SCHLIEßEN! Man schließt die Tür oder einen Raum ab, aber man macht den Raum nicht ZU!“ Die uninteressante Person ist verschüchtert und geht verschreckt in die andere Richtung, nur um nicht an einem vorbeizulaufen, obwohl ihr Büro in einer völlig anderen Richtung liegt. Man merkt, man hat eventuell etwas überreagiert.

Aber es bleibt ja nicht bei dieser Person. Nein, die Zombies, die eben noch an ihren Autos kratzen, befinden sich nun alle auf den Fluren dieser Büros! Sie sagen und tun Dinge, die grammatikalischen und logischen Zusammenhängen trotzen! So fragen sie im Fahrstuhl, warum es keine Fahrstuhlmusik gäbe und finden es auch noch WITZIG!
Auch müssen sie Anträge in ihrer vollen Länge aussprechen, obwohl es sich in dem Gespräch um keinen anderen Antrag handelt, so dass man davon ausgehen kann, dass es sich nur um diesen einen Antrag handelt, der nicht immer wieder in seiner vollen Länge ausgesprochen werde müsste. Wenn man dies mehr oder weniger höflich anregt, kommen Antworten, wie „Aber dann weiß ja niemand, um welchen Antrag es nicht nun handelt“. Wenn man dann ein entnervtes „Na, um einen Heiratsantrag wird es sich ja wohl nicht handeln“ brüllt, sind die Anwesenden verschreckt und übergehen einen in der Diskussionsrunde für den Rest des Tages. Das hat auch sein Gutes. Man kann testen, ob man mittels einem in der Kaffeetasse durch stetiges Rühren herbeigeführten Strudel ein Zuckerstückchen wie in einem Horrorfilm einsaugen lassen kann. Schnell stellt man fest, dass Zuckerstückchen sowieso untergehen und wünschte sich, man hätte als Experimentierbausteine Milch und einen Milky Way-Riegel, denn die sollen ja bekanntlich darin schwimmen.

Der Tag endet mit einem knurrenden Magen und der Erkenntnis, dass es zu kalt ist, um draußen eine Joggingtour vorzunehmen.
Also geht man ins Fitnessstudio und dort trifft man auf die 10%-Körperfett-Menschen dieser Nation. Wenn man mal bedenkt, dass das Gehirn aus Fett besteht, finde ich es interessant, wie diese Leute auf ihren geringen Fettanteil stolz sind. Aber weiter könnten sie sowieso nicht mehr denken. Um mich herum sind Frauen und Männer mit Iphones und Ipads, die Musik hören und Filme gucken, während sie schätzungsweise schon Tage auf den Geräten ihre Übungen machen. Ich bekomme nach 20 Minuten Kopfschmerzen und gehe an ein anderes Gerät. Außerdem habe ich keine Musik oder andere Dinge, die mich in meiner Motivation unterstützen, sondern das Schauspiel an Muskelzombies, die morgen wieder ihre tiefergelegten Autos von Eis befreien, ist erquickend genug.

Von daher macht es besser!