Intellektueller Tanz vorm Bücherregal
Moin, heute ist Sturm angesagt, deswegen fahre ich mit dem Rad und nicht mit dem Auto. Denn sonst bekommt man vom Sturm ja nichts mit und dann haben sich die Meldungen auch nicht gelohnt. Verschwende Informationen, die man einen ganzen Tag mit sich herumträgt und dann auch noch gekonnt umgeht, wenn man im Auto sitzt. Neee, wenn es Sturm mit Gewitter gibt und ich immer daran erinnert werde, dann muss ich da auch mitten rein! Also gibt´s gleich eine laaange Radtour!

Eben war ich im Buchladen. Ich wollte ein Buch kaufen. Ich lese übrigens keine Romane. Es macht für mich keinen Sinn einen Roman zu kaufen. Denn man Anfang ist es entweder schleppend oder spannend. Bei schleppenden Anfängen brauche ich gar nicht weiterzulesen. Bei spannenden Anfängen blättere ich nach dem zweiten Kapitel zum Ende und schaue, ob es sich denn lohnt, das ganze Buch zu lesen. Und dann weiß ja schon, wie es ausgeht und brauche es nicht mehr zu lesen.
So geht es mir mit allen Romanen. Daher lese ich die Buchdeckeltexte und entscheide mich dann, ob das ein schönes Buch für Freunde wäre. Ich mag nämlich gute Romane und verschenke sie gerne. Kann sie nur leider aus den genannten Gründen nie ganz lesen.

Ich ging also in den Buchladen. Ihr wart sicherlich auch schon mal in einem Buchladen. Dort ist es meistens sehr still und gediegen. Man fühlt sich klug und in eine gehobene Gesellschaft aufgenommen. Man ist belesen und interessiert sich für noch mehr Weisheiten in gedruckter Form. Man hält ein Buch in der Hand oder steht stundenlang reglos vor einer Wand mit Lesevorschlägen. Man schaut sich um, was es denn noch so an hübschen Accessoires gibt, welche mit Sprüchen von großen Dichtern und Denkern bedruckt sind.

Ich hingegen bemerkte beim Betreten des Buchladens ein Krabbeln in meinen Haaren. Dieses Krabbeln entwickelte sich in fallendes Gefühl direkt in meinen Ausschnitt. Und als ich dorthin sah, saß eine relativ große, schwarze Spinne auf meinem Busen. Ich erschreckte, haute mit der flachen Hand auf mein Oberteil und zerquetschte, zumindest teilweise, die Spinne in meinem BH. Diese fiel in mein Oberteil, welches ich dann von unten erstmal hochhob und durchschüttelte.
Wir erinnern uns, ich stehe in einem Buchladen! Dort sieht man wild zappelnde, sich entblößende und im Dekolletee rumwühlende Personen nicht so gerne.
Doch die verkrüppelte Spinne schaffte es durch mein Shirt in den Rocksaum. Nicht schön, aber selten. Denn nun musste der ja auch noch freigeschüttelt werden.
Ich war ein öffentliches Ärgerniss.
Niemand verstand, was mein Problem war und in einem Buchladen kann man ja auch nicht laut "Hilfe! Spinne im BH" brüllen.
Irgendwann verlor ich die Spinne aus den Augen, wußte jedoch, dass sie sich noch irgendwo an meinen Körper klammerte. Doch langsam wurde ich mir selbst peinlich und versuchte meinen ersten schlechten Eindruck durch Lethargie wett zu machen.

Also stellte ich mich an ein Bücherregal. Keine Ahnung, welcher Themenbereich dieses behandelte, ich wollte einfach nicht mehr unangenehm auffallen. Ich starrte still und angepasst auf die vielen Titel, die mir absolut gar nichts sagten. Dann schweifte mein Blick nach links. Dort waren Bücher, die interessanter klangen. Aber davor stand eine Frau.

Und jetzt folgt der Tanz! Den kennt jeder von euch. Habt ihr schon tausendmal gemacht. Im Supermarkt oder an der Konzertkasse, beim Aussuchen der Nachossoße im Kino oder einfach nur am Buffet.

Man steht so da, ruhig, regungslos. Man betrachtet höchst konzentriert und gezielt genau das, wovor dieser Mensch steht. Man kommt dort nicht hin, denn es ist unhöflich so nah an einem Menschen heran zu treten, aber man weiß, dieser Mensch geht irgendwann weg. Und damit man signalisieren kann, dass man auch noch mal dort stehen will, um sich das Produkt näher zu betrachten, starrt man dorthin. Beide sind still, beide bewegen sich nicht, beide tun höchst interessiert. Dann bewegt sich der Kopf der Zielperson, man atmet aus und bewegt ebenfalls den Kopf etwas höher. Die Zielperson geht langsam einen Schritt zur Seite. Ich ebenfalls. In die Richtung meines begehrten Regals. Die Dame geht noch einen Schritt weiter, ich nehme die gleiche Schrittlänge hin zu dem begehrten Büchern. Es ist wie ein mittelalterlicher Tanz. Man bewegt sich einzeln und zusammen in gegensätzlicher Richtung. Manchmal auch in die selbe Richtung, aber immer in gleicher Schrittfolge und Geschwindigkeit.

Ich mag diese Art des Tanzes, außer, wenn eine Spinne irgendwo halb verreckend unter meinen Klamotten hängt.

Ich habe übrigens ein Buch gefunden und es für eine Freundin gekauft. Und zu Hause fand ich diese Spinne und brachte sie schweren Herzens in die Hölle, denn diese perverse Spinne, die! Hat´s nicht anders verdient!

So, macht es besser oder nur gut!