Das Ende der Belanglosigkeit
Hört man im Radio Nachrichtensendungen, liest man die Zeitung und informiert man sich über unterschiedliche, seriöse Quellen über Geschehnisse in der Welt, wird man unweigerlich darauf stoßen, dass die alltäglichen Probleme, über die man sich aufzuregen gönnt, völlig belanglos sind.
So leben wir warm in einer Unterkunft, die uns vor Wettereinbrüchen schützt, sind in ein soziales Netz eingebunden, dass uns Stabilität in der Versorgung verspricht. Wir können lange debattieren, ob unser Sozialsystem gut oder unangemessen ist, das spielt in dem Sinne keine Rolle, denn trotz Ungerechtigkeit muss niemand faktisch auf der Straße leben oder hungern. Wenn man ausnahmsweise illegale Zuwanderer und nicht deutsche Staatsbürger ohne Sozialleistungsberechtigung nicht betrachtet, haben wir es sehr gut in unserem Leben. Wir sind in diese Verhältnisse, egal welches soziale Milieu wir betrachten, hineingeboren worden, ohne dass wir etwas dafür tun mussten. Schulbildung und einen demokratischen, reichen Staat haben wir uns nicht erarbeitet, sondern einfach durch Zufall und Glück erhalten. Im Vergleich dazu werden Kinder ebenfalls ohne ihr Zutun in eine Welt voller Hunger, Gewalt, Ungerechtigkeit und Willkür geboren, ihre Chancen sind durch übertragbare Krankheiten und nicht endende Gewalt und Armut geringer menschenwürdig zu leben, als wir es uns hier jemals vorstellen könnten.
Diese Kinder werden als Akteure in Konflikten geboren, als Menschen eines Volkes, das keine Zukunft sieht. Während wir in unserer eigenen kleinen Welt Kindern Chancen zum Spielen, zur Selbstverwirklichung und zur Entwicklung geben, sie größtenteils verwöhnen und teilweise selbst nicht wissen, wohin in unserem Reichtum wir uns noch orientieren sollen, sieht die Lebenswelt einige tausend Kilometer weiter völlig anders aus.

Leben hat in dem Sinn der Kinder und Menschen der uns unbekannten Länder einen sehr hohen Wert. Während wir in Depressionen stürzen, weil wir Schulden haben und keinen Räucherlachs kaufen können, umfasst das Essentielle in der Armut eigentlich nur den Hunger zu stillen und weiter zu leben.

Schuldig sind wir nicht. Sind die anderen selbst Schuld? Wie könnten sie schuldig an dem Desaster Ihres Landes sein? Wie können wir schuldig an unserer reichen Umgebung sein? Was uns verbindet ist, dass wir alle gleich geboren werden, ohne Anspruch oder einer Idee, in welche Verhältnisse wir geboren werden.
Vielleicht liegt es jedoch an uns zu handeln, wir, die im Überfluss leben, Lebensmittel und Waren wegschmeißen, die andere sättigen könnten, die nicht darüber nachdenken ehrenamtlich aktiv zu sein, da uns Armut nicht betrifft und es eventuell unsere Lebensart in Frage stellen könnte und damit uns in unserer Gleichgültigkeit und in unserem Hochmut bedroht?

Es ist nicht schwer, zu helfen und etwas für die anderen zu geben. Was brauchen wir denn eigentlich? Ein Iphone? Brauchen wir einen überdimensionalen Fernseher? Sehen wir dann die Armut besser, schärfer, schneller? Nein, das tun wir nicht. Wir wissen, dass die Armen dieser Welt unsere Kleidung unser unmenschlichen Bedingungen schneidern, knüpfen, unsere Elektronik zusammenbasteln und wir unterstützen es. Denn wir wollen nicht mehr bezahlen, wir wollen das Produkt und nicht die Produktion im Wohnzimmer oder an uns spüren.

Wie viel Geld haben wir am Ende des Monats übrig? Und was haben wir während des Monats alles gekauft? Ich rede vom Kaufen, nicht vom Shoppen, denn Shopping enthält im Wortsinn die Überflüssigkeit des Kaufens. Es ist ein Luxuskonsum. Wie viel gibt man für die Obdachlosen, die an der Straße sitzen? Einen Euro? Vielleicht? Und den Hund? Gar nichts? Warum sitzen sie denn auch auf der Straße? Sind das illegale Schmarotzer, die da auf der Straße sitzen? Vielleicht sind es einfach nur vom Leben gebeutelte, arme Menschen, die um ihre Würde betrogen, vom Staat ignoriert, sogar abgelehnt werden und nun versuchen aus ihrer Misere durch Betteln heraus zukommen? Können und dürfen wir das beurteilen? Dürfen wir urteilen, wir die, die Kinderhände unsere Labels auf die Klamotten nähen lassen?
Vielleicht sollten wir Reichen, wir Dummen, keine Urteile bilden, weil wir, gerade unsere Generation keine Ahnung von Armut hat. Ich rede von Armut, nicht unsere deutsche Armut. Ich rede von Menschen am Rande des Todes, welche schlichtweg sterben, wenn sie nichts zu essen erhaschen, wenn der Krieg weiter andauert, wenn sie verkauft werden.
Ich verharmlose nicht unsere Armut im Land. Es ist eine Schande und nicht zu entschuldigen, wenn in einem reichen Land wie Deutschland, Kinder hungrig in die Schule gehen müssen. Vielleicht kann ich Einige von euch animieren, sich aktiv gegen Armut zu engagieren. Gebt nicht nur Geld, sondern gebt eure Arbeitskraft und euer Interesse.

Alles Gute und macht es besser.